Grabgestaltung – eine besondere Herausforderung
Gräber sind Miniaturgärten, die an die Bepflanzung besondere Ansprüche stellen. Parameter wie die Pflanzengröße, die Schnittverträglichkeit, die Blühdauer und die Bodenvorbereitung sind entscheidend für das gute Gelingen einer solchen Pflanzung, die der Friedhofsgärtner beherrscht.
Die Eisheiligen sind vorbei, die Tage werden milder und die Sonne strahlt vom Himmel. Jeden, der einen Garten besitzt, drängt es jetzt nach draußen und vorher in die Gärtnereien. Auf den Gräbern in Bayern steht bereits die zweite Wechselbepflanzung des Jahres an. Gärtner Michael Brumm aus München weiß, dass sich die Bepflanzung von Grabflächen in vielerlei Hinsicht von der Bepflanzung von Gärten unterscheidet. „Es gibt nicht umsonst eine spezielle Ausbildung zum Friedhofsgärtner – man könnte fast „Miniaturgärtner“ sagen, denn das ist es eigentlich. Von Friedhofsgärtnern wird verlangt, eine sehr kleine Fläche das ganze Jahr über schön und abwechslungsreich zu bepflanzen, das erfordert viel Spezialwissen.“
Die Größe eines Grabes, ob Familiengrab, Einzel- oder Urnengrab, ist in der Satzung des jeweiligen Friedhofs festgelegt. In dieser Größe muss zunächst einmal ein Erdhügel angelegt werden, der anschließend bepflanzt wird. „Wir brauchen erst mal einen stabilen und festen Unterboden, dann wird ein Spezialsubstrat aufgebracht, das genügend Nährstoffe besitzt, eine hohe Wasserspeicherkapazität hat und möglichst schwarz ist.“
Die Wahl der Pflanzen orientiert sich, wie bei jeder anderen Bepflanzung auch, am Standort, d.h. ob sich das Grab in schattiger, halbschattiger oder sonniger Lage befindet. Für die Grabbepflanzung sind aber weitere Faktoren wichtig. So dürfen die Pflanzen den Grabstein mit der Inschrift nicht verdecken und nicht breiter werden als das vorgegebene Grabmaß – eine große Herausforderung, findet Michael Brumm „Oft unterschätzen unsere Kunden beispielsweise, wie groß eine 20 cm hohe Thuje in fünf Jahren wird. Sie sehen zunächst nur den geringen Preis. Eine Rahmenbepflanzung sollte wenn möglich die gesamte Ruhefrist überdauern und den Grabstein aufwerten, statt ihn zu verdecken.“ Für die Bepflanzung am Grabstein empfiehlt der Münchner Friedhofsgärtner deshalb, ein Gehölz mit einer besonderen Laubfärbung, einem ausgefallenen Wuchs oder eine immergrüne Pflanze zu verwenden. „Japanischer Schlitzahorn, eine Säuleneibe oder eine hängende Zeder auf einem Stämmchen sind gut geeignet. In jedem Fall sollte die Pflanze aber kleinwüchsig sein, sehr langsam wachsen oder sehr schnittverträglich sein“.
Die notwendige Schnittverträglichkeit müssen auch die Bodendecker mitbringen, also Pflanzen, die dazu gedacht sind, den Boden flächig mit ihrem Laub zu bedecken. Hier ist es besonders wichtig, dass sie schnell dichte Teppiche bilden, um möglichst kein Unkraut aufkommen zu lassen. Der Gärtner wählt dafür schnellwüchsige Bodendecker wie Euonymus oder Cotoneaster, die auch nach Wunsch geformt werden können. Üblich ist in Bayern eine Einfassung mit Bodendeckern, bei der eine Pflanzfläche für die Wechselbepflanzung ausgespart wird. Die pflegeärmste Grabbepflanzung stellt eine einheitliche Bodendeckerfläche dar. Viele Gärtner nutzen mehrere Bodendecker mit unterschiedlicher Laubfärbung, Blattgröße und Wuchshöhe, um selbst eine reine Bodendeckerfläche formschön und abwechslungsreich zu gestalten. „Wichtig ist bei diesen Flächen vor allem der regelmäßige Schnitt“, weiß der erfahrene Friedhofsgärtner Michael Brumm, damit die Fläche kompakt und dicht bleibt.
Der Teil des Grabes, der jetzt im Juni neu bepflanzt wird, ist die sogenannte Wechselflorfläche. Sie ist das Herzstück der Pflanzung, das die jahreszeitliche Veränderung und damit den Kreislauf des Lebens widerspiegelt. Die Wechselbepflanzung von Gräbern wird üblicherweise drei Mal im Jahr erneuert. Die Frühjahrsbepflanzung dauert von Anfang April bis Mitte Mai. Zu dieser Zeit können nur recht frostverträgliche Pflanzen gesetzt werden, beispielsweise Veilchen, da immer noch mit Nachtfrösten zu rechnen ist. Die Sommerbepflanzung muss hingegen wesentlich länger schön sein, da die Herbstbepflanzung erst im Oktober ansteht. Die verwendeten Pflanzen sollten also fünf Monate durchgehend blühen und sehr trockenheitsverträglich sein. Zierpflanzen wie Begonien, Fleißige Ließchen, Geranien und dergleichen können das leisten. Sie können gemeinsam mit Blattschmuckpflanzen wie Süßkartoffel oder Heuchera verwendet werden. „Auch eine stimmige Kombination verschiedener Begonienarten unterschiedlicher Wuchshöhe und Farbe kann sehr ansprechend aussehen“, findet Michael Brumm. Die übliche Wechselbepflanzung im Herbst aus Heidearten wird immer öfter durch Pflanzen des Herbstzaubersortiments abgelöst. Dieses Sortiment enthält viele Blattschmuckstauden, die weit in den Winter hinein schön bunt bleiben und die kleine Fläche aufwerten. Der erfahrene Friedhofsgärtner empfiehlt zu dieser Zeit bereits den kommenden Frühling im Blick zu haben, denn die Zwiebeln für die ersten Frühjahrsblüher wie Narzissen oder Tulpen müssen im Herbst gesetzt werden. Sie eignen sich besonders für Gräber, da sie nach der Blüte wieder einziehen und Platz für andere Blühpflanzen lassen. Im Spätherbst, in der Zeit der Totengedenktage, werden die Gräber mit einem winterfesten Gesteck auf die kalte und ruhige Jahreszeit vorbereitet. Wenn mit dem Winter der Lebenszyklus auf dem Grab endet, ist es Zeit, zurück zu blicken auf ein Jahr voller blühender und gekonnt gestalteter Lichtblicke.
TBF
Bilder:
Bild 1: Gärtner bei der Grabbepflanzung.[Download]
Bild 2: Grabgestaltung mit Euonymus und farblich aufeinander abgestimmten Sommerblühern.[Download]
Bild 3: Ein japanischer Schlitzahorn umspielt den Grabstein auf einem Frühlingsgrab.[Download]
Bild 4: Flachwüchsiger Cotoneaster und weißbunter Euonymus bilden unterschiedlich hohe Begrenzungen der Fläche für die Wechselbepflanzung.[Download]
Bild 5: Kombination verschiedener Sommerblüher in Rottönen, für halbschattige Bereiche auf dem Grab.[Download]
Bild 6: Friedhofsgärtner bei einer Grabneuanlage.[Download]