München, 06.03.2017

Friedhof als Lebensraum ...
Gräber und Grabsteine, alte Friedhofsmauern, Rasen- und Wiesenflächen, Gehölzpflanzungen, Baumgruppen, Wege und Wegränder und Komposthaufen bilden ein eng verzahntes Mosaik auf dem Friedhof. Die Lage in der Stadt, im Dorf, im Stadtzentrum oder am Stadtrand bedingt vielfältige Wechselbeziehungen zu angrenzenden Bereichen. Wichtig für die Tier- und Pflanzenwelt sind neben der Größe, dem Alter und der Belegungsdichte vor allem ein größerer Baumbestand aus heimischen Laubgehölzen und Bereiche, die extensiv gepflegt werden. In Untersuchungen konnten auf manchen Großstadtfriedhöfen über 450 wildwachsende Pflanzenarten, Flechten und Moose, darunter auch viele bedrohte Arten, festgestellt werden.

Ein Eichhörnchen trinkt an einem Friedhofsbrunnen.

... für Vögel und andere Tierarten
Die Zahl der Vogelarten kann auf Friedhöfen mit ausreichendem Laubbaumbestand sehr hoch sein. Neben den häufigeren Arten Amsel, Rotkehlchen, Kohlmeise, Zilpzalp und Zaunkönig können auch Gartenrotschwanz, Bluthänfling, Waldohreule und Buntspecht vorkommen. Die große Vogeldichte, wie sie insbesondere auf älteren Friedhöfen auftritt, wird auf das gute Nist- und Nahrungsangebot zurückgeführt. Friedhöfe dienen Vögeln nicht nur als Brutraum sondern auch als Rastplatz während der Durchreise und als Überwinterungsort. Auf naturnahen Friedhöfen sind auch Eichhörnchen, Haselmaus, Waldspitzmaus, Siebenschläfer, Igel, Steinmarder und Fledermäuse zu finden.

Einen besonderen Nutzen für Vögel, Insekten und Kleinsäuger haben außerdem offene Wasserstellen auf dem Friedhof. Dabei reichen auch schon kleine Schöpfbecken zum Befüllen der Gießkannen aus, um als Tränke zu dienen.

Der letzte Garten früher und heute
Die alten Friedhöfe waren geprägt von christlicher Symbolik wie der Paradieswiese, dem Kreuzmotiv oder der Verwendung von Symbolpflanzen. Solche Strukturen sind neben dem Naturschutzaspekt auch von großem kulturhistorischem Interesse. Diese Friedhofskultur ist heute in weiten Teilen verloren gegangen. Viele Friedhöfe sind arm an Symbolen und persönlichen Zeichen. Funktionale Aspekte und austauschbare Pflanzungen überwiegen. Die Friedhöfe sind häufig zu dicht belegt und ein größerer Baumbestand fehlt. Ein gleichförmiges Erscheinungsbild und eine geringe Struktur- und Artenvielfalt sind die Folge.

Laubbäume und Mischhecken sind wertvoll
Das Fehlen von Laubbäumen bemerken Friedhofsbesucher besonders an heißen Sommertagen, wenn die wohltuende Beschattung fehlt und die Grabbepflanzung einer intensiven Bewässerung bedarf. Eiben und Stechpalmen bieten als heimische Immergrüne eine attraktive Alternative zu den exotischen Gehölzen wie Lebensbaum, Zeder oder Scheinzypresse. Der vorhandene Baumbestand sollte durch die Pflanzung heimischer Gehölze ergänzt werden. Einfassungshecken für neu angelegte Flurstücke lassen sich mit einem Mischsortiment aus blühenden und gut schnittverträglichen Sträuchern als Vogelschutzhecken gestalten (z.B. unter Verwendung von Weißdorn, Schlehe, Wilder Johannisbeere, Gemeiner Traubenkirsche, Felsenbirne, etc.). Auch Wildrosen sind für Saumpflanzungen sehr geeignet.

Friedhofsführung kurz nach Allerheiligen auf dem Friedhof in Sonthofen.

Friedhofsgärtner als Partner der Natur
Viele ausgebildete Friedhofsgärtner sind tagtäglich auf diesen Grünflächen unterwegs. Dabei ist sich der Berufsstand auch seiner ökologischen Verantwortung bewusst. „Wir gestalten nicht nur die letzten Ruhestätten individuell und möglichst abwechslungsreich, sondern sind darüber hinaus auch hegerisch und pflegerisch aktiv“, betont Claus Rankl, der Vorsitzende der Fachgruppe Friedhof im Bayerischen Gärtnerei-Verband e.V. Dabei arbeiten die Friedhofsgärtner auch zum Teil mit Naturschutzorganisationen zusammen und organisieren gemeinsame naturkundliche Führungen, um der Bevölkerung vor Augen zu führen, welch wertvolle Biotope sie direkt vor der Haustür haben.

Fazit:
Nicht nur Naturliebhaber und Tierfreunde schätzen den Friedhof als Refugium für viele Tier- und Pflanzenarten. Auch, wer zum Abschiednehmen und Gedenken herkommt, kann aus dem fröhlichen Treiben der Tierwelt und der vielfältigen Vegetation oftmals Trost schöpfen. Auf vielen Friedhöfen herrscht auch an heißen Sommertagen meist eine angenehme Temperatur und die von Bäumen, Sträuchern und anderen Pflanzen gefilterte Luft ist frischer und klarer als im direkten städtischen Umfeld.

GDDG/TBF

Quellennachweis:
Friedhof – Ort des Lebens; herausgegeben von: Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW (nua), Siemensstraße 5, 45659 Recklinghausen, in Zusammenarbeit mit den Umweltbeauftragten der (Erz-) Bistümer Aachen, Essen, Köln, Münster und Paderborn sowie der evangelischen Landeskirchen Rheinland, Westfalen und Lippe

NABU Stadtverband Köln, Arbeitskreis Park und Friedhof

 

Bilder:

Bild 1: Wasserstelle mit Eichhörnchen, Marc Pfeifer, NABU, [Download]
Bild 2: Wasserstelle mit Bussard, Marc Pfeifer, NABU, [Download]
Bild 3: Wasserstelle mit Bienen, Godehard Bettels, GKF, [Download]

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